Apologetik und interreligioser Dialog -- ein Widerspruch?

(Apologetics and inter-religious dialogue - a contradiction?)

By Nicola Towfigh

First presented at the Irfan Colloquia Session #49
Berghotel: Tambach-Dietharz, Germany
July 25–27, 2003
(see list of papers from #49)

published in Beiträge des 'Irfán-Kolloquiums, volume 1, pages 93-106
© 2004, ‘Irfán Colloquia


    Zur Person:
    Studium der Orientalistik, Neugermanistik, Philosophie und Islamwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum (1978 - 1985). 1987 Promotion zum Dr. phil., Mitautorin von Schaefer, Towfigh, Gollmer "Desinformation als Methode - Die Bahá'ismus-Monographie des F. Ficicchia". Freiberufliche Autoren-, Vortrags- und Übersetzungstätigkeit. Seit November 2000 Mitglied des Kontinentalen Berateramts für Europa.

    Zum Vortrag:
    Der Auftrag Bahá'u'lláhs, mit den Anhängern aller Religionen "im Geiste des Wohlwollens und der Brüderlichkeit" zu verkehren, kann als Aufforderung zum interreligiösen Dialog verstanden werden. Da Bahá'u'lláh zugleich den göttlichen Ursprung aller großen Religionen bestätigt, sind die Bahá'í aufgerufen, diesen Religionen nicht allein im Geiste der Toleranz zu begegnen, sondern in tiefem Respekt und in voller Anerkennung der religiösen Wahrheit, die in ihrer jeweiligen Heiligen Schrift dargelegt ist. Das Engagement der Bahá'í in interreligiösen Kreisen und religionsübergreifenden Aktivitäten ist außerdem als bewußter Beitrag zu verstehen, Frieden und Einheit unter den Nationen und Völkern der Welt zu fördern und die Anhänger verschiedener Religionen miteinander zu versöhnen.

    In allen Weltreligionen gibt es eine — zum Teil Jahrhunderte alte — Tradition der Apologetik, die darauf beruht, daß jeder neue Glaube sich zunächst mit Skepsis, Gegnerschaft und Verfolgung konfrontiert sah. Die Gläubigen waren daher genötigt, ihre Überzeugung zu verteidigen und klare Argumente gegen vorgebrachte Anschuldigungen ins Feld zu führen. Auch der Bahá'í-Glaube bildet darin keine Ausnahme und sieht sich gezwungen, auf Angriffe einzugehen und Fehldarstellungen zu entkräften.

    Aber sind religiöse Kontroverse und Apologetik in Zeiten des interreligiösen Dialogs und der Versöhnung nicht überholt? Widersprechen sie nicht dem Geist der Toleranz und der Annäherung unter den Anhängern der Religionen? Oder schließen sich interreligiöser Dialog und Apologetik gar gegenseitig aus?

    Es wird die These vertreten, daß beide miteinander vereinbar sind, ihre eigene Daseinsberechtigung haben und ihren jeweiligen Wirkungskreis entfalten. Apologetik ist vielfach sogar eine notwendige Voraussetzung für den Dialog. Eine deutliche Standortbestimmung und argumentative Auseinandersetzung mit Vorwürfen gegen den Glauben sind oft nicht nur der erste Schritt, von den Anhängern anderer Religionen wahr- und ernstgenommen zu werden, sondern bilden häufig erst die Grundlage für einen gesunden interreligiösen Diskurs in gegenseitigem Respekt.

    Weiter wird die These vertreten, daß Apologetik im Sinne von "Zeugnis für den Glauben ablegen" im interreligiösen Dialog eine wichtige Rolle zu spielen hat. Auch der Austausch über Glaubensfragen sollte nicht ausgespart werden, will aber gelernt sein. Erst wenn es gelingt, sich über religiöse Wahrheiten ohne Bekehrungseifer und religiösen Fanatismus, aber im gemeinsamen Streben nach einem tieferem Verständnis auszutauschen, wird die Befähigung zum Dialog und die Friedfertigkeit der Religionen unter Beweis gestellt.

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